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Spagat zwischen Tradition und Trend

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Renaissance der klassischen Trachtenfarben: Rot- und Grüntöne macht das Dirndl von Julia Trentini (li., 659 Euro) zu einem Hingucker. Die Strickjacke im verspielten Schnitt setzt den modischen Akzent (Trentini, 189 Euro). © Trentini

München - In wenigen Tagen beginnt die Wiesn – höchste Zeit, sich Gedanken über die passende Garderobe zu machen. Wir haben Modeexperten gefragt, was im Trend liegt – und erfahren, dass die Designer auf traditionelle Elemente setzen.

Zurück zur Tradition

Der Reiz liegt in der Schlichtheit: „Im Moment wird alles wieder

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Glamourös: Dirndl von Steffen Schraut (599 Euro, bei Lodenfrey). © fkn

deutlich klassischer“, sagt Gabriele Hammerschick, Trachtenexpertin bei Lodenfrey. Das zeige sich unter anderem daran, dass die klassischen Trachtenfarben eine Renaissance erlebten: Bordeaux, Dunkelgrün und Marineblau. Gleichzeitig seien auch verschiedene Grautöne wichtig, zum Beispiel Taupe. Viele Modeschöpfer, etwa Steffen Schraut, setzten auf Ton-in-Ton-Kombinationen. „Das wirkt ruhig und dezent“, sagt Hammerschick. Allerdings kann das auch bieder wirken, weshalb verschiedene Stoffe für Spannung sorgen sollen: „Das Oberteil kann aus Leinen sein, der Rock aus Baumwolle, die Schürze aus Seide“, erklärt Hammerschick.

Oft werde aber auch zu Waschdirndln aus reiner Baumwolle gegriffen, weiß Benedikt Daller, Geschäftsführer von Daller Tracht. „Erstens weil es traditioneller und zweitens weil es leichter zu pflegen ist.“ Die Dominanz klassischer Elemente zeigt sich zudem an den Mustern: Pünktchen und Blümchen schmücken die Baumwollstoffe. Allerdings sind auch verspielte, niedliche Muster zu sehen. Zum Beispiel auf dem Wiesn-Dirndl von Lodenfrey, das mit kleinen Hirschen und Kleeblättern bedruckt ist. Und trotzdem verwehrt sich die Trachtenwelt modischer Elemente nicht. „Wie in der Mode gibt es heuer auch kräftige Farben“, meint Daller. Giftige Grün-Töne, Türkis oder Sonnengelb seien da gefragt.

Von traditioneller Tracht inspiriert sind auch die Zierelemente: „Wir sehen heuer viele Dirndl mit Miederhaken, durch die ein farblich zum Dirndl passendes Band oder eine Kette gespannt wird“, sagt Axel Munz, geschäftsführender Gesellschafter bei Trachten Angermaier. Bei Lodenfrey setzt man dagegen auf das sogenannte Charini – eine Schmuckkette fürs Dirndl, die vom Charivari inspiriert ist. „Gerade bei schlichten Dirndln sieht ein Charini hübsch aus“, sagt Hammerschick. Zudem schmückten heuer handwerkliche Elemente die Dirndl. Etwa die sogenannten Froschgoscherl am Ausschnitt und Saum.

Designerin Astrid Söll, die dieses Jahr für Angermaier entwirft, ließ sich Geschäftsführer Munz zufolge von der hochgeschlossenen Werdenfelser Tracht zu Strehkragen-Blusen und -Dirndln inspirieren: „Die haben trotzdem Dekolleté und schmiegen sich wunderbar an“, sagt Munz.

Auf den Kopf

Immer häufiger zierten die Köpfe junger Männer und Frauen in den vergangenen Jahren Hüte aller Couleur. „Heuer sieht man verstärkt Hüte mit Federn“, sagt Daller. Bei Lodenfrey wird der Trend zum Hut bereits abgelöst – von Blumenschmuck. Einzelne Blüten, Kränze oder mit Blumen verzierte Haarreife schmücken die Häupter Modebewusster.

Trends für Männer

Lila, orange oder pink kariert – die Zeiten der farbenfrohen Hemden ist vorbei, meint Daller. „Die Herren tragen wieder mehr Weiß.“ Ein bestimmtes Design für die perfekte Lederhose gebe es nicht. „Man sieht, dass sich die kurze Lederhose immer mehr gegen die Kniebundhose durchsetzt“, sagt Daller. Hatte man vor zwei Jahren davon noch genauso viele gesehen wie von längeren Lederhosen, greifen immer mehr zum kurzen Modell. „Auch hier macht sich der Trend hin zum Traditionellen bemerkbar.“

Das geht gar nicht

Bei Männern sieht Daller bei Turnschuhen Rot. Es komme aber auch wieder aus der Mode, denn „vielen trauen es sich nicht mehr“, nachdem sie doch auch belächelt worden waren. Auch die Zeiten so genannter Landhausmode sei glücklicherweise vorbei. Hammerschick rät von kurzen Dirndln ab: „Die sind mega-out. Wir bieten sie gar nicht an, außer die Kundin besteht darauf.“ Eine knieumspielende Länge habe sich durchgesetzt. Auch die Zeit der Carmenblusen sei vorbei: „Raus damit aus dem Kleiderschrank!“, rät Hammerschick.

Von Bettina Stuhlweissenburg und Andrea Steiler

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