Oide Wiesn: Kurioser Behörden-Hick-Hack um die Steinkrüge

Heuer bekommen neue Keferloher auf der Oidn Wiesn eine Prägung in den Boden: „Nicht für schäumende Getränke zu verwenden“. Das bringt die Wirte Toni Winklhofer (Festzelt Tradition) und Beppi Bachmaier (Herzkasperlzelt) zum Kopfschütteln. Das Kuriose: Die Prägung bräuchte es eigentlich gar nicht.
München - Den Kopf schütteln musste Wirt Toni Winklhofer schon, als er hörte, was auf der Unterseite der rund 4000 neuen Keferloher-Krüge für sein Festzelt Tradition auf der Oidn Wiesn steht: „Nicht für schäumende Getränke zu verwenden“. Das gleiche Spiel auf den neuen Steinkrügen seines Kollegen Beppi Bachmaier im Herzkasperlzelt, die sich zu den alten aus den Vorjahren gesellen. Das Kuriose: Eigentlich bräuchte es den Aufdruck auf den Krügen gar nicht. Doch nun steht er schon mal drauf – und schuld sein an dem Schaum-Chaos will auch keiner.
Los ging die ganze Gaudi, als eine neue EU-Richtlinie im Jahr 2014 festlegte, dass für den Ausschank schäumender Getränke nur Gefäße verwendet werden dürfen, deren Messstrich von außen gut sichtbar ist. Denn, so die Idee: Der Gast soll sofort sehen können, ob der Krug auch wirklich voll ist. Und bei einem undurchsichtigen Gefäß geht das nicht, wenn eine Schaumkrone den Durchblick verhindert. Was folgte, war Aufregung. Bayern fürchtete, dass die Steinkrüge nun gar nicht mehr verwendet werden dürften.

Der Bayerische Brauerbund intervenierte. Für Bayern führte das Wirtschaftsministerium für die Krüge – ähnlich wie es auch andere Bundesländer machten – ab Herbst 2016 den Hinweis „nicht für schäumende Getränke zu verwenden“ oder „nicht geeignet für schäumende Getränke“ ein. Zusätzlich musste jedem Gast die Chance gegeben werden, dass ihm ein Glaskrug zum Überprüfen der korrekten Füllmenge bereitgestellt wird. „Früher hat halt der Gast beim Schankkellner reklamiert und ihm wurde nachgeschenkt“, sagt Wirt Winklhofer schmunzelnd. Als „ein bisserl überreguliert“ beschreibt er die Regel vorsichtig.
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EU: “Das ist deutsche Paragrafenhuberei“
Das Skurrile: Laut EU hätte es den Aufdruck gar nicht gebraucht. „Das ist deutsche Paragrafenhuberei, die uns angehängt wird“, sagt der Sprecher der Vertretung der EU-Kommission Reinhard Hönighaus. Die Richtlinie verpflichte die Mitgliedstaaten keineswegs, den Gebrauch von Steinkrügen für Bier in Gaststätten oder auch auf der Wiesn zu verbieten oder irgendwie zu reglementieren. Vielmehr hätte Deutschland nach dem Grundsatz der Wahlmöglichkeit selbst entscheiden können, den Keferloher von der Regelung auszuschließen. Doch das machte die an die EU-Richtlinie angepasste deutsche Eich- und Messverordnung nicht.

Die Sichtweise des bayerischen Wirtschaftsministeriums war bis zum Frühjahr: Mit den Vorgaben der EU und des Bundes sei der Steinkrug an sich in Gefahr gewesen – deshalb brauche es die Prägung.
Mittlerweile ist aber auch das wieder anders: Nun reicht ein Hinweis etwa auf dem Lieferschein und ein Aushang, dass ein Glas-Krug auf Anfrage bereitgestellt wird. Nur für die Oide Wiesn, nun ja, für die kam diese Änderung zu spät. Die Krüge waren schon in Auftrag gegeben. Wenigstens die Besucher im Herzkasperlzelt und Festzelt Tradition dürfen heuer über die Aufdrucke schmunzeln, wenn schon allen anderen das Lachen vergangen ist.
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Wir haben die Argumente unserer Leser gesammelt, warum so viele von ihnen behauptet, die Wiesn sei früher schöner, gemütlicher gewesen. Lesen Sie hier die Begründungen. Leser Robert geht seit 40 Jahren auf die Wiesn und ist anderer Meinung. In seinem Gastbeitrag schreibt er: Früher war NICHT alles schöner.